S
P E Z I A L
Anlässlich des Villonabends von
Wolf von Bültzingslöwen
bei Leib & Seele
hier eine Collage über:


Du... du... ich bin so wild nach deinem
Erdbeermund,
ich schrie mir schon die Lungen wund
nach deinem weißen Leib, du Weib.
Sein hierzulande
bekanntester Spruch, ist garnicht von ihm.
Zu Lebzeiten war er Student, Magister
der freien Künste, Dichter, Vagant, Krimineller
...letztlich zum Tode durch den Strang verurteilt.
Ich bin Francois, was mir
Kummer macht,
gebürtig aus Paris bei Pontoise,
und von dem ellenlangen Strick
wird mein Hals erfahren, was mein Hintern wiegt.
Diese Zeilen schrieb Francoise Villon am
Vorabend seiner Hinrichtung,
- doch er entkam, - mal wieder.
Er verschwand mit 32 Jahren und wurde nicht mehr
gesehen.
So wurde sein Leben und Beinahesterben Stoff
zahlreicher Filme, Romane, einer Operette und...

....er selbst zum Held
vieler Comics, aller Zeitepochen....

...und heute eines Videospiels.
Klaus Kinski machte Villon
in Deutschland bekannt,
Doch der selbsternannte 'Seelenverwandte'
übernahm die meisten Gedichte von Paul Zech
(1881-1946)
Zech übersetzte Villon neu und dichtete dann
einfach im Stil von Francois weiter,
u.a. auch den Erdbeermund.

Hier mal ein
echter Villon:
Ballade von Villon und der
dicken Margot
Beschimpft mich nur, weil ich die Nutte
lieb',
als Zuhälter, ihr Herrn, ich bin es gern.
So gern, daß ich wenn nötig ihr zulieb'
mit Messer und mit Dolch euch Mores lern'.
Ihr Ruf und ihr Gewerb' kann mich nicht
stör'n,
im Gegenteil, ich laufe für die Gäste,
bring' Wein und Brot und hole nur das Beste
und wenn sie bei ihr liegen, bin ich froh!
Es wirft was ab und ich bekomm' die Reste -
im Puff dort, wo ich wohne mit Margot.
Bei uns daheim gibt's manchmal ganz
schön Krach,
kommt ohne Zaster sie vom Strich nach Haus'.
Dann haß' ich sie in ihrer tumben
Schmach,
zieh' ihr das Mieder, Schuh' und Kleider aus
und schmeiß' sie nackt aus ihrem Bett
hinaus.
»Das Zeug behalt' ich für den
Gratis-Fick!«
brüll' ich sie an. Das Luder keift
zurück,
ich wär' der Teufel und sie haßt
mich so.
Darauf verdresche ich das miese Stück
-
im Puff dort. wo ich wohne mit Margot.
Dann hält sie's Maul und läßt
noch einen Furz
und stinkt so wie kein Käfer auf dem
Mist.
Sie faßt mir in die Hose und sagt kurz:
»Ich liebe es, wenn du so zärtlich
bist!«
Drauf saufen, schlafen wir, bis Mittag ist,
und dann, wenn sie ganz schläfrig geil
erwacht,
steigt sie auf mich in ihrer schweren Pracht
und drückt mich platt mit ihrem fetten
Po.
Und ächzend rammeln wir, daß alles
kracht -
im Puff dort, wo ich wohne mit Margot.
Envoi
Mein Ofen ist geheizt, was soll schon sein,
ich bin ein Schwein, drum brauch' ich
Schweinerei'n.
Die müde Katz' fängt müde
Mäuse ein
und wie der Hund ist, so ist auch der Floh.
Sollen wir ehrlos schon und ausgeworfen sein,
so sei der Auswurf unser Heiligenschein
-
im Puff dort, wo ich wohne mit Margot.
Meisterwerk der Weltliteratur
So ganz klar ist es eigentlich nicht, wem das
Hauptverdienst an diesen wunderbaren Gedichten
- eigentlich sind es meist eher Lieder - zukommt.
Liest man die französischen Originale, kommt es einem
so vor,
als müsste man Paul Zech mindestens das gleiche
Verdienst wie dem Dichter zukommen lassen.
Die expressionistisch verdichtete und unvergleichlich
kraftvolle Sprache dieser Gedichte,
kann in den Originalen nicht immer so nachvollzogen
werden.
Aber ohne Villon würde es diese Ausgabe
natürlich nicht geben.
Sei es wie es will: diese Gedichte gehören auf jeden
Fall
zu den eindringlichsten und sprachmächtigsten der
Weltliteratur.
Über 500 Jahre alt bereits, hat sie Paul Zech durch
seine Bearbeitung
für die nächsten 500 Jahre bereit
gestellt.
Nie zuvor (aber auch später nie mehr) sind in der
französischen Dichtung
Liebe und Hass, Tod und Vergänglichkeit, Hunger
und Armut, Laster und Ausschweifung
so unmittelbar und frech, so derb, humorvoll und
zugleich so erschütternd Sprache geworden.
Villon war der erste, der die Volks- und
Gaunersprache in die Literatur einbezog.
Musste ein solches Genie nicht gerade auf den
deutschen Expressionismus,
der sich besonders des leidenden, heruntergekommenden
Menschen annahm, Einfluss haben?
In dieser Zeit sind denn auch die deutschen
Übertragungen Villons entstanden.
Paul Zech, selbst ein bekannter expressionistischer
Dichter,
haben wir die Nachdichtung seiner Balladen und Lieder zu
verdanken,
die uns bis heute Geist und Stil dieser Verse unverwelkt
und aggressiv bewahrt hat.
Cover Text der CD: Francois Villon, " Die
Lasterhaften Balladen und Lieder "
dargeboten von Roland Bayer, Label: Spirella
Release: 1993
Wer sich sachlich und
gründlich informieren will:
Villon
bei Wikipedia
© dieser Seite Wolf Backhaus, 2013